Milliardenvermögen

Superreiche besitzen mindestens 1.4 Billionen Euro, also 1400 Milliarden, die ständig weiter steigen. Eine unvorstellbare Summe, die sich rund 226 Milliardäre1 teilen. Ihre Steuersätze hingegen sind seit 1995 drastisch gesunken und haben insgesamt einen Anteil von 0 bis 0,5 Prozent ihres Vermögens. Lesen Sie den erweiterten Beitrag von Lara Ritter, der taz entnommen.

Eine Statistik des Netzwerks Steuergerechtigkeit und der Hans-Böckler-Stiftung des DGB zeigt, dass deutsche Milliardäre wohl um 500 Milliarden Euro vermögender sind als angenommen. Diese Fehleinschätzung basiert nicht auf dem Rechenfehler eines Pisa-Erprobten. Dass diese Summe der öffentlichen Wahrnehmung durch die Lappen ging, liegt daran, dass unsere „Reichenlisten“ bisher nicht vollständig waren. Denn mindestens 11 Milliardäre kamen in diesen Listen, die unter anderem im Manager Magazin publiziert wurden, nicht vor. Unter anderem, weil sie sich erfolgreich rausklagten.

In den vergangenen zwei Wochen gerieten Reiche auch aus anderen Gründen in die Schlagzeilen. Duft-Influencer und Millionär Jeremy Fragrance können manche nicht mehr ganz so gut riechen, seit er am Wochenende Werbung für Rechtsextreme auf Instagram machte. Anderen verdirbt die braune Soße den Erdbeergeschmack. Zumindest forderten manche den Müllermilch-Boykott, nachdem Unternehmenschef Theo Müller Anfang Dezember gegenüber dem Handelsblatt Kontakte zur AfD einräumte.

Soziale Gerechtigkeit

Beide Fälle werfen Licht auf einen Aspekt, der in der Debatte über Vermögensverteilung ebenso diskutiert gehört wie die Frage der sozialen Gerechtigkeit. Nämlich dass Vermögen Einfluss auf Politik und ihre In­ter­es­sen­trä­ge­r:in­nen ermöglicht. Denn wer im Wahlkampf wie viel Geld zur Verfügung hat, ist wesentlich von Parteispenden abhängig. Zwar spendeten weder Fragrance noch Müller, doch wenn sie wollten, könnten sie das unbegrenzt. In Deutschland gibt es für Parteispenden keine Obergrenze.

Spenden an die AfD

Von Milliardärsspendern ist wohl deswegen eher selten die Rede, weil eher über Umwege Finanzspritzen gegeben werden – zuletzt im Fall der AfD. Im Jahr 2020 musste die Partei eine halbe Million Euro Strafe zahlen, als unter anderem bekannt wurde, dass der Duisburger Immobilienmilliardär Henning Conle seine Spende an die AfD verschleiert hatte. Eine Schweizer Firma hatte für ihn über 100.000 Euro an die Partei überwiesen.

Mitunter kommt das Geld tatsächlich aus der Schweiz. Aus dem Umfeld des Schweizer Milliardärs Christoph Blocher, der hinter der rechtspopulistischen SVP steht, flossen über Umwege nicht nur Spenden an die AfD, sondern auch an die FPÖ und den Rassemblement National.

Vermögensverhältnisse werden verschleiert

Doch nicht nur Spenden sind ein Weg für Superreiche, Politik zu machen. Bei den Donald Trumps dieser Welt führt der Weg direkt ins Parlament. Eine Studie des Fachmagazins Perspectives on Politics zeigte im Oktober, dass weltweit durchschnittlich 11 Prozent der Milliardäre politisch engagiert sind oder bereits ein Amt innehaben. Wenig überraschend meist im rechtskonservativen Spektrum. Wer viel Vermögen hat, macht tendenziell rechte Politik. Das ist nicht verwunderlich, sind es doch konservative Parteien, die die Vermögensverhältnisse aufrechterhalten. Und dazu gehört, sie zu verschleiern.

Alles Mögliche müssen wir dem Staat melden – Wohnort, Alter, Geschlecht –, nur den Kontostand nicht. Vermögen gilt immer noch als Privatsache. Sogar 500 Milliarden Euro. Dabei wäre das Wissen darüber, wie das Vermögen verteilt ist, die Grundlage für eine politische Debatte darüber.

Solange der Zugriff auf dieses Wissen von der Initiative privater Ak­teu­re abhängig ist, bleibt die politische Diskussion eine Scheindebatte. Um sie glaubwürdig zu führen, müsste die Politik erst Fakten schaffen. Das wäre gar nicht schwer. Der erste Schritt wäre eine amtliche Vermögensstatistik. Klingt zwar nicht so dufte wie „Fragrance“ – ist es aber.

1Die Top 10 der rund 226 reichsten Deutschen mit einem Gesamtvermögen von 269 Mrd Euro sind:

    1. Susanne Klatten und Stefan Quandt ; BMW, Beteiligungen; 40,5 Milliarden Euro
    2. Dieter Schwarz ; Lidl, Kaufland; 39,5 Milliarden Euro
    3. Familie Merck ; Pharma; 32 Milliarden Euro
    4. Familie Reimann ; JAB Holding, Keurig Dr Pepper; 30,5 Milliarden Euro
    5. Klaus-Michael Kühne ; Kühne + Nagel, Hapag-Lloyd, Lufthansa; 28,5 Milliarden Euro
    6. Familie Albrecht und Heister ; Aldi Süd; 26,5 Milliarden Euro
    7. Familie Porsche ; Porsche, Volkswagen; 23,8 Milliarden Euro
    8. Familie Theo Albrecht Junior und Familie Babette Albrecht ; Aldi Nord; 18,4 Milliarden Euro
    9. Familie Henkel ; Henkel; 15,2 Milliarden Euro
    10. Familie Otto ; Otto-Versand, ECE Group, About You; 13,7 Milliarden Euro

 

Nicht nur die gezielte Einführung einer Vermögenssteuer ist überfällig, sondern auch eine Reform der Erbschaftssteuer, soweit das Erbe den Betrag von 500.000 Euro übersteigt, um vergleichbare Belastungen zu erreichen. Die Erben von Aktien sind bessergstellt als z.B die Erben von Einfamilienhäusern. Das muss sich ändern.

Dazu zur Kenntnis:

Freibeträge: Der Fiskus gewährt Erben bestimmte Freibeträge. Die Freibeträge nehmen der gesetzlichen Erbfolge entsprechend ab. Ehepartner beziehungsweise eingetragene Lebenspartner haben beispielsweise erst ab einer vererbten Summe von 500.000 € Steuern zu zahlen, Kinder ab 400.000 €.

Erbschaftssteuer 2023: Steuersätze für das Erbe nach Steuerklassen

Wert der Erbschaft
(über den zustehenden Freibetrag hinaus)
Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
Bis 75.000 € 7,00 % 15,00 % 30,00 %
Bis 300.000 € 11,00 % 20,00 % 30,00 %
Bis 600.000 € 15,00 % 25,00 % 30,00 %
Bis 6.000.000 € 19,00 % 30,00 % 30,00 %
Bis 13.000.000 € 23,00 % 35,00 % 50,00 %
Bis 26.000.000 € 27,00 % 40,00 % 50,00 %
Über 26.000.000 € 30,00 % 43,00 % 50,00 %

 

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