Rechtsstaat sichern

Die Ampel­koalition hat es in einer schwierigen Zeit und gegen massiven Widerstand geschafft, die Energiekrise zu beenden und Modernisierungs­prozesse einzuleiten. Gleichzeitig aber konnte sie Verunsicherungen wegen des Ukrainekriegs, des Gazakriegs und weiterer Krisen außerhalb Deutschlands nicht verhindern. Wie denn auch?

Soziale Gerechtigkeit ist und bleibt zentral für den sozialen Frieden in Deutschland und nicht die Migration. Dazu gehört der Einzug und die Verteilung von Steuern. Die AfD lehnt soziale Gerechtigkeit ab, weil sie die Reichen begünstigt und die Umverteilung von unten nach gewollt ist. Solche Positionen zugunsten der (extremen) Reichen werden von der AfD aber verschwiegen. Repressive und konservative bis autoritäre Positionen sind bis in die gesellschaftliche Mitte nur deswegen zustimmungs­fähig, weil die AfD nur scheinbar Ungleichheiten und Privilegien der Reichen anprangert.

Willkürherrschaft verhindern

Die AfD will eine Willkürherrschaft, in der Gewalt und die Vertreibung und Vernichtung von Menschen wie bei den Nazis zu ihrem Selbstverständnis gehören. Ihr Türöffner sind die Flüchtlinge, für die eine rechtsstaatliche Behandlung nach dem Asylrecht erfolgen muss und keine pauschale Ablehnung. Die gegenteilige Position der AfD darf nicht dazu führen, dass die etablierten Parteien deswegen rechtsstaatliches Verhalten in Frage stellen. Gerade Politiker der CDU müssen der Versuchung widerstehen, sich die Themen der AfD zu eigen zu machen in der Hoffnung, damit die eigene Partei zu stärken und die AfD zu schwächen. Friedrich Merz hat als Vorsitzender der CDU seiner Partei keinen Gefallen getan, sonden der AfD, als er in bester AfD-Manier gegen Asylbewerber beim Zahnarzt polemisierte. Mit einer solchen niveaulose und gefährlichen Anbiederung bei gleichzeitigem Werteverfall rückt die die CDU nach rechts und verprellt die (konservativen) Bürger, die den demokratischen Rechtsstaat beibehalten wollen.

Der Rechts­extremismus wird gerade auch wegen der Haltung der CDU nicht verschwinden, sondern eine Gefahr für den Rechtsstaat bleiben, wenn es nicht gelingt, die populistischen Positionen der AfD als gefährliches Geschwätz zu entlarven. Die Anhänger und viele Wähler der AfD sind argumentativ nicht mehr zu erreichen. Dennoch darf nichts unversucht bleiben, der AfD mit folgenden Maßnahmen beizukommen:

Vorrang sozialer Gerechtigkeit

Die öffentliche Diskussion muss sich dringend von der dominanten Flüchtlings­frage zur Frage nach sozialer Gerechtigkeit verschieben. Damit wäre einiges gewonnen, nicht nur in der Schwächung der Aufmerksamkeit für die AfD. Die  soziale Spaltung und ihre nachteiligen Folgen insbesondere für die Wähler der AfD müssen benannt werden. Immerhin versuchen Teile der SPD mit einem neuem Anlauf, die Einwanderung ergänzend zum Asylrecht zu erweitern. Der Mittel­stand, den die AfD auch für sich gewinnen will, leider auch mit einigem Erfolg, ist auf funktionierende Handels­beziehungen ohne Scheuklappen angewiesen. Die Wider­sinnigkeit rechtsextremer Forderungen und die Tatsache, dass ihre Propaganda auf Schein­lösungen beruht, muss von allen demokratischen Kräften klar benannt werden, statt Schein­debatten zu führen.

Der unterschwellige Rassismus muss als Demokratie­problem erkannt werden. Dieses Problem ist Teil der Ablehnung der Rechts­extremen, weil der Schutz von Minderheiten untrennbar mit dem Bestand des demokratischen Rechtsstaates verbunden ist. Die Ächtung des Antisemitismus wird zwar öffentlich betont, bleibt aber praktisch ohne Wirkung, weil sich niemand als Antisemit bezeichnet. Die jetzigen beeindruckenden und machtvollen Demonstrationen gegen rechts in ganz Deutschland sind aber ein ermutigender Anfang, um den Alltagsrassismus öffentlich zu thematisieren.

Verbot der AfD notwendig

In der Alltags­welt vieler Menschen jedenfalls in Ostdeutschland gibt es oftmals keine Berührungsängste zur AfD, weil sie Mitglieder und Politiker der AfD häufig als ganz normale Nachbarn, Kollegen oder Familien­angehörige erfahren. In vielen Kommunal­parlamenten in Ostdeutschland ist die AfD weitgehend inzwischen präsent. Ein Verbot der AfD oder zumindest das Ende der staatlichen Finanzierung würde die Verstärkung der Demokratie- und Menschen­feindlichkeit durch die rechts­extremen Agitatoren behindern und bestenfalls verhindern.

Allerdings scheint ein Teil der politischen Elite die Gefahr einer rechts­extremen Macht­übernahme zu unter­schätzen, die Agitatoren wie Björn Höcke längst planen. Mit einem «Deutschland-Pakt» hatte die Regierung gemeinsam mit der CDU geplant, die «Heraus­forderungen durch Klima­schutz, Transformation und die Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine bewältigen». Dazu ist es nicht gekommen. Erst recht sich sollte es eine Selbst­verständlichkeit sein, dass die Bekämpfung von Anti­semitismus, Rassismus und Rechts­extremismus Teil eines gemeinsamen Vorgehens aller demokratischen Parteien ist. Daraus wird nichts, weil die CDU deutlich nach rechts gerückt ist und nunmehr als Partner für die AfD bereit stehen könnte.

Sollte ein Verbot der AfD am mangelnden Mut in den Parteien nicht möglich sein, kann jedenfalls ein Verbot der Jugendorganisation der AfD und die Anerkennung des Wahlrechts für Höcke von der Ampelkoalition so bald wie möglich umgesetzt werden. Diese beiden Maßnahmen hätten bereits erhebliche Auswirkungen auf die Existenz der AfD. Widersetzt sich die CDU einem solchen Vorhaben, ist sie auf Bundesebene nicht mehr wählbar.

Rolf Aschenbeck

 

 
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