Rentenkonzept der SPD

Die Grundlage des Rentenkonzepts der SPD ist richtig und gleichzeitig widersprüchlich: Altersarmut kann mit dem bewährten umlagefinanzierten Rentensystem, welches die Lebensleistung der Arbeitnehmer honorieren muss, durch die Beseitigung der Erwerbsarmut zum Teil verhindert werden.

Allerdings wird die Privatisierung der Alterssicherung erweitert und die Arbeitgeberhörigkeit nicht beendet. Bis auf die Forderung nach einem (unzureichenden) Mindestlohn von 8,50 Euro werden weitere wirksame Maßnahmen in der Erwerbsphase nicht vorgeschlagen, sondern den Tarifparteien zugeordnet, obwohl sie gesetzlich erforderlich wären. Aber auch die Vorschläge zur vermeintlichen  Verbesserung der Regeln der gesetzlichen  Rentenversicherung sind unzureichend, weil sie die Fehler der vergangenen rot-grünen Koalition nicht etwa revidieren, sondern ausdrücklich bestätigen.  Wer aus seinen Fehlern nicht lernt, zementiert die selbst herbeigeführte Armut im Alter, statt sie zu bekämpfen, zumal lediglich Alterseinkommen oberhalb des Grundsicherungsniveaus gewollt sind.

Inhaltsverzeichnis

Im Einzelnen:

Demografische Entwicklung

Wenn die SPD feststellt, „Alterung frisst Produktivität“, ist das nicht nur falsch, sondern auch diskriminierend. Es kommt nicht auf das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenbeziehern an, sondern auf die Verteilung des Reichtums, die höchst ungerecht ist und Arbeitnehmer und Rentner massiv benachteiligt. Während die Realeinkommen sinken, während den Banken für die von ihnen verursachten Milliardenverluste mit Steuergeldern geholfen wird, während die Reichen reicher werden und sich mit Billigung der Regierung der Solidargemeinschaft entziehen können, obwohl sie Profiteure auf Kosten der Gemeinschaft sind, wird allen Ernstes behauptet, die demografische Entwicklung sei das Problem. Diese absurde Haltung hat rot-grün dazu veranlasst und wird mit dem Rentenkonzept bestätigt, dass ein Demografiefaktor(Nachhaltigkeitsfaktor) eingeführt wurde und  beibehalten wird, der die Renten nachhaltig absenkt. Statt des Wegfalls dieser armutsfördernden Regelung wird diese ausdrücklich rechtfertigt.

Betriebliche  Altersversorgung als „zweite Säule“

Nach der von der rot-grünen Bundesregierung veranlassten Teilprivatisierung der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Einführung der Riesterrente ist nunmehr beabsichtigt, diese Privatisierung mit einer kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge zu erweitern. Dafür sollen die Arbeitnehmer bis 6% ihres Bruttoeinkommens aufwenden, während die Arbeitgeber keinen Beitrag leisten sollen. Die Schonung der Arbeitgeber, die mit der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen begründet wird, ist für Arbeitnehmer nicht zu finanzieren. Erst 4% für die Riesterrente und nun zusätzlich 6% für die betriebliche Altersvorsorge. Glaubt ernsthaft jemand, dass sich Arbeitnehmer einen Verlust von 10% ihres Einkommens leisten können? Bevorzugt werden allenfalls die Einkommensbezieher, die sich das leisten können. Aber die müssen Armut im Alter nicht befürchten.

Riesterrente

Die Riesterrente bzw. die erworbenen Ansprüche aus den Verträgen mit der privaten Versicherungswirtschaft, die in erster Linie der Privatwirtschaft zu satten Profiten verhilft, wird nicht etwa in die gesetzliche Rentenversicherung überführt, was möglich wäre, wenn es politisch gewollt wäre, sondern sie wird ausdrücklich bestätigt, obwohl sie sich nicht rechnet.  Allerdings „soll für eine deutliche Verbesserung der Kostentransparenz sowie Effizienz“ gesorgt werden. Wem soll Kosmetik nutzen?

Rentenniveau

Die Absenkung des Rentenniveaus von 50% auf 43% des vorherigen Einkommens bis zum Jahr 2030 wird nicht nur mit dem Popanz der demografischen Entwicklung rechtfertigt, da eine Anhebung auf 50% „ zu einer deutlichen Mehrbelastung der jüngeren Generation und die Generationengerechtigkeit insgesamt belasten würde“, sondern auch mit der vermeintlichen Stärkung der betrieblichen Altersversorgung, die aber realitätsfremd ist. Darüber hinaus wird damit argumentiert, dass die Absenkung notwendig sei, um den Beitragssatzanstieg zu begrenzen. Obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, sollen die Arbeitgeber von den sogenannten Lohnnebenkosten entlastet werden. Denn: „Ökonomisch würden zudem die Belastungen der Arbeitskosten wieder zu einem Thema der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“(Seite 9 des Rentenkonzepts). Wessen Interessen werden von der SPD eigentlich vertreten?

Obwohl es möglich wäre, die Absenkung des Rentenniveaus rückgängig zu machen, da es „denkbar“ wäre, „die lebenslange Arbeitsleistung angemessener in die Rentenbemessung eingehen zu lassen“, wird an dieser Absenkung zu Lasten der Arbeitnehmer festgehalten. Absurd wird diese Verweigerungshaltung der SPD mit dem Hinweis, dass „völlig unberücksichtigt im Konzept der CDU-Bundesarbeitsministerin Armutsrisiken durch das weitere Absinken des Rentenniveaus bis zum Jahr 2030 von heute 50% auf dann 43% bleiben“. Es werden also Armutsrisiken durch das Absenken des Rentenniveaus festgestellt und trotzdem wird diese Absenkung beibehalten.

Solidarrente

Diese vorgeschlagene „Solidarrente“ unterscheidet sich zwar deutlich von der Zuschussrente, da sie als Element des sozialen Ausgleichs systemkonform ist, sie ist aber nichts anderes als die „Rente nach Mindesteinkommen“, die für Rentenanwartschaften  bis 1991 berücksichtigt worden ist. Diese Wiedereinführung ist zu befürworten, da damit unzureichende Einkommen rechnerisch aufgestockt werden, um trotz jahrzehntelanger Beitragszahlung eine Rente oberhalb der Grundsicherung erhalten zu können. Konkret geht es darum, Einkommen, die unterhalb von 75% des Durchschnittseinkommens(derzeit: 2800 Euro) liegen, auf 75% als Grundlage der Rentenberechnung anzuheben. Wäre die Rente nach Mindesteinkommen ab 1992 nicht entfallen, hätte ein Arbeitnehmer nach 40 Beitragsjahren bei einem Einkommen unterhalb von derzeit 2100 Euro  eine Rente von 840 Euro, die sonst deutlich niedriger wäre. Allein diese Rente nach Mindesteinkommen führt immerhin zu einer Rentenzahlung oberhalb der Grundsicherung, wenn vorher als notwendige Voraussetzung eine langjährige Beitragszahlung erfolgt ist.

Völlig unverständlich ist allerdings der Hinweis im Rentenkonzept der SPD, dass „die Solidarrente die klassische gesetzliche Rente ergänzen und deshalb nicht aus Rentenbeiträgen, sondern aus Steuermitteln finanziert werden soll.“  Die Rente nach Mindesteinkommen(Solidarrente) ist nicht   etwa eine eigenständige Rentenzahlung als Ergänzung der bestehenden Rentenarten, sondern ist die Aufstockung des erworbenen Rentenanspruchs. Sie muss als Maßnahme des sozialen Ausgleichs aus Steuermitteln finanziert werden; aber nicht als gesonderte Steuerzahlung, sondern als Erhöhung der ohnehin notwendigen steuerlichen Zuzahlung an die gesetzliche Rentenversicherung.

Weitere Maßnahmen

So richtig es ist, die Erwerbsminderungsrente zu verbessern, so falsch ist es, die letzten fünf Jahre vor Renteneintritt besser zu bewerten. Warum dann nicht auch eine bessere Bewertung bei den Altersrenten und für welchen Zeitraum? Wer die bewährte Rentenberechnung, mit der jedes Jahr gleich bewertet wird, mit einer Sonderbewertung aushebelt, verabschiedet sich von der Gleichbehandlung und stellt das Rentensystem in Frage.

Richtig ist ebenfalls, bei den Betriebsrenten wieder zur hälftigen Beitragszahlung an die jeweilige Krankenkasse zurückzukehren. Es wäre aber wünschenswert gewesen, die von rot-grün eingeführte volle Beitragszahlung, die die Betriebsrentner einseitig und systemwidrig belastet, als Fehler einzugestehen. Sollte es dazu kommen, ist zu unterstellen, dass die SPD  auch die Direktversicherungen einbezieht.

Nicht erwähnt werden der notwendige Wegfall des Riesterfaktors und des Nachholfaktors. Ein weiteres Versäumnis des Rentenkonzepts. Mehr darüber ist den verwandten Beiträgen zu entnehmen.

 

Fazit

Das Rentenkonzept der SPD ist nicht geeignet, Altersarmut wirksam und auf Dauer zu verhindern. Es ist halbherzig und kommt über einige gute Ansätze nicht hinaus. Es ist deswegen kein überzeugendes Konzept zugunsten der Arbeitnehmer und Rentner, zumal es nicht gelingt, die Fehler der Vergangenheit zu benennen und zu korrigieren. Wer aber aus seinen Fehlern nicht lernt, wiederholt sie.

Rolf Aschenbeck

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