Einfalt versus Vielfalt

„Deutschland gemeinsam machen“, das steht da wirklich auf den CDU-Plakaten zur Bundestagswahl in kindlicher Sprache. Es ist eine Angstkampagne: Die CDU hat Schiss, und zwar zu Recht. Lesen Sie die die CDU erschreckend entlarvende Kolumne von Mely Kiyak, Zeitonline entnommen.

Gemeinsam machen. Aha. Was denn? Pipi? Aufräumen? Bautzi machen? Das ist die neue CDU-Plakatkampagne zur Bundestagswahl. „Deutschland gemeinsam machen.“ Was genau will man denn machen? Fehlt da womöglich ein Komma, sollte das ursprünglich ein Imperativ sein? Deutschland Komma macht mal, vielleicht so in der Art? Ergibt keinen Sinn. Man wählt, damit jemand für einen das Land regiert und organisiert. Als wahlberechtigte alphabetisierte Bürgerin schaut man auf die Plakate und glotzt ratlos rein und irgendwie hat man das Gefühl, dass die CDU ratlos zurückglotzt.

Wann fing das eigentlich an, dass Agenturen ein wie von den Alliierten kaputtgebombtes Deutsch verwenden?

Ist Deutschland noch nicht fertig? Na ja, im Prinzip ist es nicht fertig. Internet beispielsweise gibt es in dem Sinn ja nicht. Aber dann könnte man doch auch schreiben: Internet machen. Ein Vorhaben, das immerhin alle Klassen, alle Schichten betrifft und sehr konkret wäre. Aber man will ja Deutschland machen. Das ist ja gleich das große Ganze. Und man hätte auch nicht gedacht, dass die CDU nun einen derart großen Reformbedarf sieht.

Das echte Deutschland

Alles neu machen steht da wahrscheinlich nur deshalb nicht, weil das zu sehr nach Revolution klingt. Die deutsche Sprache haben sie jedenfalls nicht auf der Pfanne bei der CDU und, jaja, man ist nicht blöd, natürlich muss das Wort Deutschland auftauchen, weil man sich natürlich als das echte, wahre, richtige Deutschland empfindet. Und wie dieses Deutschland aussieht, das zeigen die Fotos der abgebildeten Bürger. Lauter pastellpigmentierte Männer und Frauen. Der freundliche ältere Herr, die Ingenieurin und, ganz wichtig, das blonde blauäugige Baby und die Polizistin, das sind so ziemlich genau die passenden CDU-Bilder zu den CDU-Diskursen der letzten CDU-Jahre, dargestellt, wie man bald erfahren hat,teilweise von verkleideten CDU-Mitarbeitern. Bauarbeiter, Schutzhelm, renovieren. Ein Steak hätten sie vielleicht noch abbilden sollen („Gemeinsam grillen“), fertig ist das angeblich so deutsche Leben und jeder, der durch dieses Land mit offenen Augen und Ohren geht, weiß genau, dass es dieses Deutschland nie gab und nie geben wird.

Schlüsselqualifikation Korruption

Es ist eine Angstkampagne. Keine, die Angst machen soll, sondern die zeigt, wie viel Schiss diese CDU hat. Richtigen, echten Schiss. Und sie hat ihn zu Recht. Das Corona-Jahr hat gezeigt, dass die CDU so gut wie nichts draufhat außer Korruption, das ist seit Jahrzehnten ihre erfolgreichste Schlüsselqualifikation. Würde sie Computer auf ihre Plakate drucken, würde das Wahlvolk sich kaputtlachen. Ohne privat gekaufte WLAN-Verstärker hätte es während der Pandemie weder Homeoffice noch Homeschooling gegeben. Wenn man Ausländer zu Gast hat, die die blinkenden Steckdosenstupsel sehen, und man ihnen erklärt „that ist für to push the internet„, dann schauen sie einen zu Recht mitleidig an. Hätte die CDU irgendwas mit Geld oder Lohn auf die Plakate gedruckt, hätte man sie erst recht mit Häme übergossen, denn reich geworden sind während der Pandemie im Wesentlichen Mitglieder der Union, die sich an Krankheit, Tod und Verlust bereichert haben.

Mit Kindern können sie auch nicht für sich werben, denn die Kinder sind der CDU egal, es sei denn, die deutsche Mutti kriegt Kinder und macht zu Hause das Leben schön. Die Pandemie hat gezeigt, dass Kinder für die Politik einfach nicht existieren. Deshalb sind die Plakate unkonkret und erinnern einen an Heiratsschwindler, die einem sektlaunig irgendwas versprechen, und man denkt, wer auf so was reinfällt, hat es auch nicht anders verdient. „Für bezahlbares Wohnen“: Wie liebebedürftig und ausgehungert muss man wohl sein, um so was zu glauben.

Auf einem Plakat ist der Kanzlerkandidat abgebildet und unter seinen Krawattenknoten haben sie geschrieben: „Gemeinsam für ein modernes Deutschland.“ Der Mann, der Armin Laschet unterstützt, ist Nathanael Liminski. Würde Laschet Kanzler, würde der voraussichtlich Kanzleramtsminister. Ihm vertraut Laschet, Liminski ist sein politischer Lenker und Führer. Liminskis Lebenslauf weist Stationen auf, die mit einem modernen Deutschland nichts zu tun haben: Praktikum in den USA bei einem Evangelikalen, gegen Schwangerschaftsabbrüche, gegen die Ehe für alle, Generation Pontifex, Deutschland rekatholisieren, „fundamentalistisch“ wäre das richtige Wort für ihn. Liminski weist die ganze Palette an reaktionärer Ideologie auf und sitzt direkt hinter Laschet und seiner CDU.

Deutschnationale Töne

Das ist wichtig, dass die Wähler über den Apparat im Hintergrund Bescheid wissen. Dieser Apparat hat politisch sehr genaue und konkrete Vorstellungen von diesem Land, seinen Bürgern und seiner Zukunft. Steht halt alles nicht auf den Plakaten. Aber erklärt so ziemlich alles, vom Schweigen zu Hans-Georg Maaßens politischen Eskapaden bis hin zu der widerwärtigen Kampagne gegen die Friedenspreisträgerin Carolin Emcke. Da hatte der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nichts Besseres zu tun, als gemeinsam mit der Bild-Zeitung und der Welt-Gruppe der Schriftstellerin in einer enorm aggressiven Art Antisemitismus zu unterstellen, um dann erbärmlich zurückzurudern. Weil egal, erst mal draufkloppen, kaputtmachen, zerstören – oder, um es in den Worten der CDU-Plakatkampagne zu sagen: „Heute lernen, was morgen zählt.“

Ja, man hat keinen Zweifel daran, dass das so weitergehen wird und dass das der Ton sein wird, der ab übermorgen zählt, wenn die Kanzlerin nicht mehr da sein wird.

 

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