Wohnungsnot

Wohnungen sind in den städtischen Regionen zumehmend knapp und teuer. Bis 50% des Einkommens muss inzwischen für die Miete gezahlt werden, weil z.B. ehemals gemeinnützige Unternehmen verkauft und damit privatisiert worden sind. Die nachteiligen Folgen für die Mieter entnehmen Sie beispielhaft dem Bericht von Monitor.


Warum ganzen Wohnvierteln in Deutschland der Verfall droht
Im Jahr 2004 hatte die rot-grüne Bundesregierung den damals kerngesunden Immobilienkonzern GAGFAH verkauft, um die Rentenkassen zu sanieren. Den Zuschlag über das Immobilien-Imperium bekam der US-Hedge-Fonds Fortress. MONITOR liegen jetzt interne Dokumente vor, die belegen, wie Fortress bei den rund 300.000 betroffenen deutschen Mietern Kasse macht. So wurden die Instandhaltungskosten halbiert. Selbst dringend notwendige Investitionen in die Sicherheit der Wohnungen wurden immer wieder verschoben. Die Bausubstanz ganzer Wohnviertel wurde herunter gewirtschaftet. Die Politik ist alarmiert: Denn am Ende drohen der öffentlichen Hand möglicherweise doppelte Kosten. Erst für den Rückkauf der maroden Häuser und Wohnungen und dann für deren Sanierung.


Quelle: Monitor

Dazu passt der Artikel der Mopo von Olaf Wunder, auszugsweise wiedergegeben.

Schimmelnde Wände, undichte Fenster, Fassaden, die vor sich hin bröseln. So geht’s nicht weiter, protestiert der Mieterverein zu Hamburg und ruft zur Demo gegen das Unternehmen „Gagfah“ auf.

„Gagfah – attraktiver Wohraum, innovativer Service.“ So wirbt das Unternehmen. Für die Mieter sind solche Sprüche eine Provokation. „Wir haben es hier mit einer Heuschrecke zu tun“, so Eckard Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg, „die nur eins im Sinn hat: So viel Geld rauszuziehen wie möglich.“

Rund 1.000 Wohnungen in Hamburg gehören zur „Gagfah“. Als es noch gemeinnützig war, hatte das Unternehmen einen exzellenten Ruf. Es unterstützte regelmäßig soziale Projekte. Seit aber US-Investoren das Zepter führen, regiert allein das Geld. Mitarbeiter bestätigen hinter vorgehaltener Hand: Die Zentrale gebe exakt vor, wie viel pro Jahr für Instandhaltung zur Verfügung steht. „Ist im August kein Geld mehr da, wird eben nichts mehr gemacht.“

Der klamme Staat wollte sich mit Geld versorgen. So verkaufte er 2004 die „Gagfah“, ein gemeinnütziges Unternehmen, für drei Milliarden Euro an den US-Hedgefonds „Fortress“. Eine weitere Milliarde sollte die Woba kosten, das kommunale Wohnungsunternehmen Dresdens – und „Fortress“ schlug abermals zu. Heute gehören zu „Gagfah“ rund 140.000 Wohnungen bundesweit. Und überall stöhnen die Mieter. Dresden droht dem Unternehmen mit einer Klage. Vorwurf: Die „Gagfah“ habe gegen die Sozialcharta, die beim Verkauf zum Schutz der Mieter vereinbart wurde, verstoßen.


Dresden. Dem Immobilienkonzern Gagfah steht eine langwierige juristische Auseinandersetzung um den Schutz von Mieterrechten bevor. Schon in der kommenden Woche will die Verwaltung in Dresden Klage über maximal 1,06 Milliarden Euro gegen das Unternehmen einreichen, weil sie Verträge zu Wohnungsverkäufen aus dem Jahr 2006 verletzt sieht. So hat es der Stadtrat unter seiner Oberbürgermeisterin Helma Orosz beschlossen. Die Gagfah zeigte sich am Freitag überzeugt, die Verpflichtungen aus dem Privatisierungsvertrag eingehalten zu haben.


Der Streit dreht sich um die sogenannte Sozialcharta, die 2006 beim Verkauf des kommunalen Wohnungsunternehmens Woba vereinbart worden war. Dresden hatte damals rund 48 000 Wohnungen an den Immobilienkonzern verkauft. Dabei war vereinbart worden, dass die Gagfah immer zuerst den Woba-Mietern ein Kaufangebot vorlegt, bevor sie deren Wohnungen an Dritte veräußert.

Werden ganze Häuser verkauft, sollte diese Pflicht inklusive der vereinbarten Strafen an die neuen Eigentümer weitergegeben werden. „Die Stadt hat festgestellt, dass die Gagfah in einer Vielzahl von Verkaufsfällen gegen diese Verpflichtungen verstoßen hat“, teilte die Stadtverwaltung mit. Die dafür fälligen Vertragsstrafen summieren sich theoretisch auf bis zu 1,06 Milliarden Euro. Die Gagfah hatte seither immer von unterschiedlichen Auffassungen über den Vertragstext gesprochen. „Bislang hat die Stadt Dresden gegenüber der Gagfah weder die Grundlage für ihre Klage konkretisiert noch die Höhe der von ihr behaupteten Ansprüche mitgeteilt“, betonte das Unternehmen. Die vertraglich festgelegte Anzahl von Wohneinheiten sei noch im Bestand, die durchschnittliche Mieterhöhung liege unter dem vertraglich festgelegten Richtwert.

Dem Unternehmen drohen offenbar auch von anderer Seite Verfahren: Die Finanzaufsicht BaFin ermittelt wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Geschäftsführer William Brennan hatte am 3. Februar, also nur einen Monat vor Bekanntwerden der Dresdener Klage, als einziger Manager Unternehmensanteile im Wert von 4,7 Millionen Euro verkauft.(dpa/dapd)

Kommentar:

Es ist unzureichend und beschämend, dass die Stadt Dresden jetzt lediglich versucht, ihre Fehlentscheidung, nämlich den Verkauf von 48.000 Wohnungen an einen Hedgefonds, nur insoweit zu korrigieren, als sie sich auf einen Passus beruft, der möglicherweise der Stadt finanziell hilft, nicht jedoch den Bürgern, die dieser Heuschrecke weiter ausgeliefert sind. Notwendig wäre es, mit einer solchen Klage den Vertrag rückgängig zu machen. Daran aber hat die Stadt kein Interesse, weil sie dann nicht nur auf den geforderten Betrag wegen der behaupteten Vertragsverletzung verzichten, sondern auch für die Kosten der maroden Wohnungen geradestehen müsste, da diese dann wieder Eigentum der Stadt Dresden wären.


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