Vertrauensfrage
Die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers, mit der er nicht die weitere Existenz der verbliebenen Koalitionäre sicherstellen, sondern sie ganz im Gegenteil verfassungskonform beendet, war gleichzeitig die Gelegenheit für die im Bundestrag vertretenen Parteien, ihre jeweiligen Positionen klarzustellen und damit die Gelegenheit zu nutzen, sich von den jeweils anderen Parteien inhaltlich abzusetzen.
Vorab ist festzustellen, dass die Parteien in einem demokratischen Staat einen Gestaltungsauftrag haben und unterschiedliche Vorstellungen darüber haben, wie sie diesen Gestaltungsauftrag wahrnehmen. Diese Vorstellungen und die damit verbundenen Unterschiede müssen in den Sitzungen des Parlaments zur Sprache kommen und führen notwendig zum Streit. Streit in der Sache ist nicht etwa ungewöhnlich, sondern ist für eine Demokratie geradezu unverzichtbar. Streit wird erst dann unappetitlich, wenn Vereinbarungen von einer Partei nicht eingehalten werden, weil es kein Streit um der Sache willen ist, sondern einer, der einzig der vermeintlichen Profilierung der vertragsbrüchigen Partei dient. Dieser Unterschied wird oftmals nicht verstanden mit der Folge, dass ein unnötiger Streit – ausgelöst von einer vertragsbrüchigen Partei – auch noch den Parteien zur Last gelegt wird, die sich vertragskonform verhalten.
Ein Streit um der Sache willen ist immer auch ein Streit der handelnden Personen. Wenn die CDU in ihrem Grundsatzprogramm der CDU unbestimmt bleibt, z.B. bei der künftigen Rentenhöhe, dann ist es völlig legitim, Merz als Vorsitzenden der CDU vorzuhalten, dass solche beliebigen Vorschläge zur Rente auch Kürzungen der Rente zur Folge haben und zudem das bewährte Rentensystem in Frage stellen.1 Wenn Merz dem Kanzler daraufhin allerdings als Lügner bezeichnet, dann geht es ihm nicht um den Streit in der Sache, sondern um die Diffamierung, um die Herabsetzung der Person. Ein solches Verhalten ist höchst demokratiegefährdend, weil damit die Wahrheit zur Lüge wird und die Lüge zur Wahrheit.
Hören Sie die vorbildliche Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD:
Dieses antidemokratische Verhalten muss bei Trump regelmäßig festgestellt werden. Trump ist für die Merz-CDU hoffentlich kein Vorbild. Gehen wir zunächst positiv davon aus, dass die demokratischen Parteien nicht nur den sachlichen Streit bevorzugen, sondern ebenfalls zu Kompromissen fähig bleiben. Wenn Pressemitteilungen stimmen, hat die SPD ein Fairnissabkommen vorgeschlagen, dem grundsätzlich von der FDP und der Partei „Die Linke“ zugestimmt worden ist. Fehlt noch die CDU.
In diesem Sinne wünscht die RV-Gemeinschaft allen Nutzern dieser Website frohe Weihnachten und einen guten Start in das Jahr 2025.
Rolf Aschenbeck
Wahlprogramme von SPD und CDU:
Entwurf_Wahlprogramm der SPD
Grundsatzprogramm Dez.2024 der CDU
1„Da die gesetzliche Rente allein eine auskömmliche Alterssicherung in vielen Fällen nicht garantieren kann, wollen wir für alle eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge einführen. Für Menschen mit geringem Einkommen braucht es dabei staatliche Zuschüsse.“