Termin Vertrauensfrage

Olaf Scholz peilt Neuwahlen im März an, die Opposition drängt auf einen deutlich früheren Termin. Nun aber erhält der Kanzler Unterstützung von der Bundeswahlleiterin. Diese sieht nach SPIEGEL-Informationen eine schnelle Abstimmung kritisch und warnt vor unwägbaren Risiken bei einer Neuwahl bereits im Januar 2025. Lesen Sie den redaktionell geänderten Beitrag von Florian Pütz und Christian Teevs, dem Spiegel ennommen.

Überschrieben ist der Brief, der dem SPIEGEL vorliegt, mit dem Betreff: »Herausforderungen und Risiken einer vorgezogenen Neuwahl im Januar bzw. Februar 2025«. Einen solchen Termin fordert die CDU als Fundamentalopposition im Bundestag.

Entgegen der Forderung der CDU heißt es in dem Schreiben der Bundeswahlleiterin:

»Da die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl essentiell für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie ist, ist es erforderlich, den Zeitraum der 60 Tage ab Auflösung des Deutschen Bundestages voll ausschöpfen zu können, um alle erforderlichen Maßnahmen rechtssicher und fristgemäß treffen zu können«, heißt es in dem Brief, der dem SPIEGEL vorliegt. Weiter heißt es: »Soweit Termine und Fristen in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, wäre der nur sehr knappe Zeitraum von 60 Tagen maßgeblich verkürzt«, schreibt die Bundeswahlleiterin weiter: »Dies könnte zu unabwägbaren Risiken auf allen Ebenen, insbesondere auf Gemeindeebene, führen und Beschaffungsmaßnahmen faktisch kaum realisierbar machen.«

 

Bundeswahlleiterin Brand listet fünf Risiken auf:

1.Eine vermehrte Nichtzulassung von Wahlvorschlägen, beispielsweise wegen fehlerhaft eingereichter Wahlvorschläge

2.Nicht etablierte Parteien, die Unterstützungsunterschriften sammeln müssten, stünden unter Zeitdruck

3.Gemeindebehörden könnten zu sehr belastet werden

4.Eine Überlastung der Wahlämter könnte zulasten einer ordnungsgemäßen Briefwahlvorbereitung gehen

5.Und: »Zudem ist zu befürchten, dass nicht nur in einzelnen Wahlbezirken, sondern in größerem Ausmaß, durch fehlende Wahlunterlagen oder unzureichend geschulte Wahlvorstände eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl gegebenenfalls nicht hinreichend gewährleistet werden kann.

Dadurch sehe sie »eine hohe Gefahr, dass der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnten«, schreibt die Bundeswahlleiterin.

 

Dennoch verlangt Friedrich Merz Olaf von Scholz, bereits am kommenden Mittwoch die Vertrauensfrage zu stellen. Das würde bei Ausschöpfung aller Fristen eine Wahl spätestens am 2. Februar bedeuten. Merz wirft Scholz bei seinem Plan, die Vertrauensfrage am 15. Januar stellen zu wollen, eine parteipolitische Verzögerungstaktik vor. Es sei »verantwortungslos, mit diesem Instrument jetzt so umzugehen, dass es eine reine Verzögerung über den Jahreswechsel wird«, sagte Merz.

Die SPD kritisiert den Vorschlag von Merz. »Die Durchführung von Wahlen und der Wahltag selbst sind an rechtliche und praktische Voraussetzungen gebunden«, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem SPIEGEL. »Niemand unter den Vertretern der demokratischen Parteien darf aus taktischen Gründen riskieren, dass eine Bundestagswahl aus organisatorischen Gründen in Zweifel gezogen wird oder gar im Chaos endet.«

Mützenich weiter: »Unsere gemeinsame Verantwortung ist zudem, den Menschen vor dem Jahreswechsel Sicherheit zu geben, wenn es etwa um die Erhöhung des Kindergeldes oder die Sicherung der Arbeitsplätze geht.«

 

 

 

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