Rentengarantie

Die sogenannte Rentengarantie, die als Schutzklausel bereits seit 2005(!) besteht, wird wieder  zur Disposition gestellt. Politiker, die gerade erst dem entsprechenden Gesetz zugestimmt haben und Professoren, die dem Kapital verpflichtet sind wie die Herren Rürup und Raffelhüschen, plädieren für Rentenkürzungen mit der Absicht, die gesetzliche Rentenversicherung zu diskreditieren und stattdessen die private Altersvorsorge ohne finanzielle Beteiligung der Arbeitgeber zu favorisieren.  Zudem wird behauptet, diese Rentengarantie koste 50 Mrd Euro zu Lasten der jüngeren Generation. Bei soviel Blödsinn lohnt ein Blick auf die gesetzlichen Regelungen.

Schutzklausel

Seit 2005 wird mit einer gesetzlichen Schutzklausel verhindert, dass die Renten gekürzt werden können, was ansonsten bereits geschehen wäre. Diese Schutzklausel ist weiterhin existent. Die Rentengarantie ist daher unnötig. Da aber kaum jemand die komplexen Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung kennt,  macht es sich vor der Wahl gut, eine solche Rentengarantie zu beschließen.

Unterbliebene Rentenkürzungen wegen der Schutzklausel müssen von den Rentnern über den Ausgleichsbedarf wieder ausgeglichen werden. Sollte es nämlich in den kommenden Jahren  zu einer Rentenerhöhung (Rentenanpassung) kommen, weil z.B. die Zahl der Arbeitslosen deutlich sinkt und die Entgelte der Arbeitnehmer kräftig steigen, was derzeit nicht erkennbar ist, werden die unterbliebenen Rentenkürzungen zur Hälfte gegengerechnet. Diese Gegenrechnung erfolgt so lange, bis die unterbliebenen Rentenkürzungen wieder ausgeglichen sind. Die Rentner und nicht die jüngere Generation müssen daher die Zeche zahlen mit der Folge, dass Rentenanpassungen, selbst wenn sie an sich erforderlich sind, auch dann nicht erfolgen werden.

Auf diese Weise wird die lohnbezogene Rente als Grundprinzip der Rentenversicherung ad absurdum geführt. Gerade die jüngere Generation wird dies zu spüren bekommen, wenn sie selbst in Rente geht. Jede unterbliebene Rentenanpassung führt nämlich zu einer Entwertung der Rentenansprüche, die mit Beitragszahlungen erworben werden; von schon beschlossenen Leistungskürzungen mal ganz abgesehen, die sich bereits  jetzt rentenmindernd auswirken.

Riesterrente

Warum ist es überhaupt möglich, dass Renten gekürzt werden können? Schon die rot-grüne Bundesregierung hatte beschlossen, das Rentenniveau zugunsten eines stabilen Beitragssatzes bis zum Jahr 2030 deutlich abzusenken. Dazu gehörte, die Altersvorsorge, die an sich paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern mit jeweils der Hälfte des Beitrags an die Rentenversicherung zu finanzieren ist, mit der Riesterrente zum Teil zu privatisieren, also allein den Arbeitnehmern zu überlassen. Die Riesterrente als private Vorsorge soll nämlich der Ausgleich für geringere Renten in der Zukunft sein, was nicht möglich sein wird.  Ein Sündenfall, der das Tor für weitere Privatisierungen weit geöffnet hat und in Zukunft die gesetzliche Rentenversicherung zur Disposition stellen könnte.

Dazu die jetzt noch gültige Aussage der FDP zur Rentenpolitik:

„In der Folge der Beitragszielsetzung von 19 Prozent kann die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr die Aufgabe der Lebensstandardsicherung übernehmen, sondern nur noch eine erhöhte Basissicherung darstellen. Bei der Lebensstandardsicherung wird daher die betriebliche und private Altersvorsorge künftig eine tragende Rolle einnehmen. Ziel liberaler Rentenpolitik ist, dass die private und betriebliche Vorsorge nach einer Übergangsphase die gesetzliche, umlagefinanzierte Rentenversicherung so ergänzt, dass individuelle Vorsorge und gesetzliche Rente je etwa zur Hälfte zur Alterssicherung beitragen.“

Was ist denn mit denen, die keinen Betriebsrentenanspruch und private Vorsorge überhaupt nicht finanzieren können? Klientelpolitik schadet derAlterssicherung.

Weitere Faktoren

Für die Rentenanpassung drei Faktoren maßgebend. Es handelt sich dabei

1. um die Entwicklung der Bruttoentgelte der Arbeitnehmer einschließlich der geringfügig Beschäftigten, der Arbeitslosen und der Bezieher von Kurzarbeitergeld,

2.um die Entwicklung des Beitragssatzes der gesetzlichen Rentenversicherung und

3.um den Nachhaltigkeitsfaktor.

Die Kombination dieser drei Faktoren soll entweder mit geringen Anpassungen, Nullrunden oder sogar mit Rentenkürzungen die Ausgaben für Rentenzahlungen begrenzen.

1.Entwicklung der Bruttoentgelte

Steigen die Bruttoentgelte unzureichend und nimmt die Zahl der Arbeitslosen und die Zahl der Kurzarbeiter zu, was bereits jetzt festzustellen ist, wird es allein deswegen keine Rentenanpassung geben können. Recht so, werden Sie sagen. Selbstverständlich ist Generationensolidarität unverzichtbar. Es muss allerdings die Frage erlaubt sein. warum Arbeitslose rentenrechtlich nicht wie Beschäftigte behandelt werden, weil für sie nur deutlich niedrigere Beiträge gezahlt werden. Würden Beiträge nach dem vorher bezogenen Bruttoarbeitsentgelt gezahlt und als Beitragszeiten anerkannt, was in der Vergangenheit noch der Fall war, hätten die Arbeitslosen keine Einbußen bei ihrer späteren Rente und die Rentner insoweit keine Einbußen bei der Rentenanpassung.

Überhaupt nicht einzusehen ist die Berücksichtigung der geringfügig Beschäftigten bei der Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte, weil es für diese Beschäftigten keine Entwicklung ihrer Entgelte über 400 € hinaus gibt. Allein die enorme Zunahme dieser Beschäftigten, die zu Lasten der Betroffenen nur zu Minirenten führt, wird sich erheblich auf künftige Rentenanpassungen auswirken. Die politisch gewollte Zunahme der Minijobs bei gleichzeitigem Wegfall sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse zugunsten der Arbeitgeber schadet daher ebenfalls allen Beteiligten.

2.Entwicklung des Beitragssatzes

Auch hier spielt die Zunahme der Minijobs eine Rolle, weil für Minijobs von 400 Euro ein ermäßigter Beitrag zu zahlen ist, der sich bei der deutlichen  Zunahme dieser Beschäftigungen auch nachteilig auf die Anpassung der Renten auswirkt und zu geringeren Einnahmen der Rentenversicherung führt.

3.Nachhaltigkeitsfaktor

Bei diesem Quotienten, der diskriminierend Rentnerquotient genannt wird, geht es um das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern. Es geht also um die demografische Entwicklung. Dieser Faktor soll im Interesse der Generationengerechtigkeit dafür sorgen, dass die Beitragszahler bei einer steigenden Zahl von Rentnern nicht überfordert werden. Im Prinzip eine angemessene Regelung. In diesem Fall will ich Ihnen den Auszug aus § 68, Abs.4 SGB VI nicht vorenthalten, der diesen Quotienten regelt:

„Die Anzahl der Äquivalenzrentner wird ermittelt, indem das aus den Rechnungsergebnissen auf 1000 Euro genau bestimmte Gesamtvolumen der Renten abzüglich erstatteter Aufwendungen für Renten und Rententeile eines Kalenderjahres durch eine Regelaltersrente desselben Kalenderjahres aus der allgemeinen Rentenversicherung mit 45 Entgeltpunkten dividiert wird. Die Anzahl der Äquivalenzbeitragszahler wird ermittelt, indem das aus den Rechnungsergebnissen auf 1000 Euro genau bestimmte Gesamtvolumen der Beiträge aller in der allgemeinen Rentenversicherung versicherungspflichtig Beschäftigten, der geringfügig Beschäftigten (§ 8 Viertes Buch) und der Bezieher von Arbeitslosengeld eines Kalenderjahres durch den auf das Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 entfallenden Beitrag der allgemeinen Rentenversicherung desselben Kalenderjahres dividiert wird.“

Bedenklich bei dieser Regelung ist vor allem, dass von einem Rentner ausgegangen wird, der vorher im Arbeitsleben 45 Jahre gearbeitet hat,  in diesen 45 Jahren immer ein Durchschnittsverdiener war und ohne versicherungsmathematische Abschläge in Rente geht.  Er hätte dann eine Nettorente von 1100 Euro. Ein solcher Arbeitnehmer ist eine Fiktion. Weder gibt es so viele Arbeitnehmer, die 45 Jahre beschäftigt waren; noch gibt es überhaupt einen Arbeitnehmer, der exakt die ganze Zeit Durchschnittsverdiener war. Die Folge ist allerdings, dass diese Fiktion, die der Realität nicht entspricht, eine weitere ungerechtfertigte Minderung der Rentenanpassung nach sich zieht.

Noch bedenklicher ist, dass Generationensolidarität  nicht auf einer Tatsache, sondern auf einer Fiktion beruht, weil die tatsächlichen Renten deutlich niedriger sind als diese fiktive Rente. Die fiktive Rente hat aktuell eine Höhe von 1.215 Euro ohne versicherungsmathematische Abschläge. Wer eine solche Rentenhöhe jetzt noch erreicht oder sogar überschreitet, wenn er in Rente geht, gehört schon fast zu den Ausnahmen.

Fazit

Die Absicht, die Generationen gegeneinander auszuspielen, ist leider nicht auf interessengeleitete Politiker und Professoren beschränkt, sondern ist inzwischen von Teilen der Regierung politisch gewollt. Darüber hinaus werden die dummdreisten Parolen nach  Rentenkürzungen, die mit den beschriebenen Faktoren bereits erreicht werden,  von denen erhoben, die sich über ihre üppige  Altersversorgung nicht beschweren können, um es angemessen  zu formulieren.

Völlig unangemessen ist es hingegen, den Banken für das von ihnen verschuldete Bankendesaster 500 Mrd Euro bereitzustellen, um anschließend mit dem perfiden Hinweis auf die jüngere Generation Altersarmut auch bei den künftigen Rentnern nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern sogar wissentlich zu fördern. Sollte sich daran nichts ändern, und nichts deutet darauf hin, wird Altersarmut auch bei künftigen Rentnern die Regel sein. Die vermeintliche Sorge um die jüngere Generation ist daher blanker Zynismus.

 Rolf D.Aschenbeck