Die Mietpreisbremse soll die Schwachen auf dem Wohnungsmarkt schützen. Doch es droht ein gegenteiliger Effekt: Die neue Regelung dürfte wenig bis nichts bewirken. Lesen Sie den gekürzten und redaktionell geänderten Beitrag von Michael Fabricius, der Zeitung „Die Welt“ entnommen.
Die Mietpreisbremse ist eines der wenigen Gesetze der Regierung, auf das sich viele Bürger gefreut haben. Etwa 4,2 Millionen der 21,1 Millionen Mietwohnungen in Deutschland liegen in Gebieten, in denen die Vermieter in den vergangenen Jahren kräftig die Miete erhöht haben. Vor allem in Großstädten, ganz besonders in Berlin, Hamburg, Frankfurt und München, stieg bei Neuvermietungen seit 2011 die Miethöhe im zweistelligen Bereich; ebenso in vielen Universitätsstädten.
Viele Mieter denken gar nicht mehr über einen Umzug nach, weil sie sicher sind, die neue Miete nicht mehr zahlen zu können. Der Preisdeckel, der noch vom Bundestag beschlossen werden und vermutlich bis Juli in Kraft treten wird, könnte ihre Situation entschärfen. Möglicherweise.
Dass sich auf der anderen Seite die Vermieter darüber ärgern, ist wenig überraschend. Sie verlieren die Chance auf noch höhere Renditen, jedenfalls wenn sie in der Lage sind, Wohnungen in begehrten Stadtteilen anzubieten.
Wer dagegen investiert oder neu baut, bleibt von der Regulierung verschont und kann auch weiterhin auf höhere Mietrenditen setzen. Einen schlechten Einfluss auf den dringend nötigen Wohnungsneubau und energetische Sanierung dürfte das Gesetz deshalb nicht haben.
Finanzschwache Mieter sind weiterhin im Nachteil
Die Wohnungsknappheit in gefragten Regionen wird durch die Preisbremse nicht beseitigt. Dort werden die Bewerber bei der Besichtigung weiterhin Schlange stehen. Und wenn der Vermieter wählen darf, dürfte klar sein: Er entscheidet sich für denjenigen Mieter, der den höchsten Preis zahlt.
Die Mietpreisspiegel helfen nicht weiter, sondern befördern sogar höhere Mieten, weil jede hohe Miete, die unabhängig davon gezahlt wird. den Preisspiegel anhebt. darüber hinaus ist ungeklärt, worauf sich der Begriff „ortsübliche Vergleichsmiete“ bezieht. Nur wenige Städte haben einen nach wissenschaftlichen Maßstäben aufgestellten Mietpreisspiegel, der als Maßstab herhalten könnte. Und selbst diese Preisspiegel sind oft veraltet.
Die Mietspiegel in Deutschland sind nicht qualifiziert, sondern einfach auf Grundlage grober Schätzungen entstanden. Bevor Vermieter diese Mietspiegel als Begrenzungsmaßstab akzeptieren, wird es viel Streit geben. Bürger, Anwälte und Gerichte werden die Fragen klären müssen, die der Gesetzgeber offengelassen hat.
Viele Vermieter haben in der jüngsten Vergangenheit tatsächlich über die Stränge geschlagen, ihre Wohnungen unangemessen verteuert oder Altmieter hinausgedrängt.
Preisregulierung ist nicht unbedingt schädlich für einen Markt.
Maklerregulierung ist überfällig – auch beim Verkauf
Im Mobilfunksektor beispielsweise konnten die freien Kräfte des Marktes nicht verhindern, dass beim Datenroaming oder bei SMS aus dem Ausland Preiswucher betrieben wurde. Erst seit dem Einschreiten der Regulierer aus Brüssel gehen hier die Preise zurück. Auch bei Bankgebühren oder Versicherungsprovisionen reichte der freie Wettbewerb nicht aus, um faire Preisstrukturen zu schaffen.
Auch in der Maklerbranche, die nun ebenfalls neu reguliert wird, gibt es kein Gesetz der freien Preisbildung. Vielmehr gilt das Recht des Stärkeren, und in gefragten Wohnungsmärkten müssen diejenigen den Makler zahlen, die gar nicht mit ihm über den Preis verhandeln können und auch keinen alternativen Vermittler wählen können. So etwas gibt es in keiner anderen Dienstleistungsbranche.
Hier wird ein verkrusteter Markt, der mit vielen alten Gewohnheitsrechten gespickt ist, aufgebrochen. Das Bestellerprinzip, nach dem künftig derjenige den Makler zahlen muss, der ihn beauftragt, ist daher überfällig. Bald werden sich die Vermieter, die den Makler mit der Wohnungsvermittlung beauftragen, fragen, welchen Wert die angebotene Dienstleistung tatsächlich hat. Endlich wird ein verkrusteter Markt, der mit vielen alten Gewohnheitsrechten gespickt ist, aufgebrochen.
Im nächsten Schritt sollte der Gesetzgeber vielleicht überlegen, ob das Bestellerprinzip nicht nur für die Vermittlung von Mietwohnungen, sondern auch von Wohnungseigentum gelten sollte. Denn auch hier haben sich Preisgewohnheiten gebildet, die nichts mit dem tatsächlichen Wert der Dienstleistung oder den Marktgegebenheiten vor Ort zu tun haben.
Redaktion:
Ortsübliche Vergleichsmiete:
Grundlage für eine Mieterhöhung vonseiten des Vermieters ist die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete. Hierunter wird laut § 558 Abs. 2 BGB ein Wert verstanden, der aus den üblicherweise in einer Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde für vergleichbaren Wohnraum zu zahlenden Mietentgelten gebildet wird.
Allerdings dienen als Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete lediglich die in den vergangenen vier Jahren für frei finanzierten Wohnraum vereinbarten Mietpreise. Nicht berücksichtigt werden hingegen die gleichbleibenden Mieten aus bestehenden Mietverträgen sowie die Mietpreise für preisgebundenen Wohnraum. Hierzu zählen etwa Wohnungen, deren Modernisierung staatlich gefördert wurde und deren Mietpreis daher gewissen Grenzen unterliegt, sowie Sozialwohnungen. Als vergleichbarer Wohnraum werden Wohneinheiten aufgefasst, die sich in Größe, Art, Beschaffenheit, Ausstattung und Lage sowie hinsichtlich der energetischen Ausstattung ähneln.
Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete:
Gemäß § 558 Abs. 1 BGB können Vermieter verlangen, dass Mieter einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zustimmen. Dies setzt jedoch voraus, dass in den vergangenen 15 Monaten der Mietpreis unverändert geblieben ist. Dementsprechend kann frühestens zwölf Monate nach der letzten Mieterhöhung ein erneutes Mieterhöhungsverlangen geltend gemacht werden. Ausgeschlossen von dieser Regelung sind jedoch Mieterhöhungen gemäß §§ 559 bis 560 BGB. Das bedeutet, dass die Miete auch innerhalb dieser Frist erneut erhöht werden kann, wenn die vorherige Mieterhöhung in Modernisierungsmaßnahmen (§ 559) oder höheren Betriebskosten (§ 560) begründet liegt.
Wollen Vermieter ein Mieterhöhungsverlangen mit Verweis auf die ortsübliche Vergleichsmiete geltend machen, besteht gemäß § 558 Abs. 3 BGB eine sogenannte Kappungsgrenze. Dementsprechend darf die Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren nicht mehr als 20 Prozent betragen. In Gemeinden, in denen die Bevölkerung nicht ausreichend mit Wohnraum zu angemessenen Konditionen versorgt werden kann, können die Landesregierungen die Kappungsgrenze auf 15 Prozent senken.
Panorama, 23.Juli 2020: Mietpreisbremse unwirksam
Anmerkungen
Die Mietpreisbremse, die fatal an die Schuldenbremse erinnert, ist leider unzureichend, da bereits nach geltenden Regelungen Kappungsgrenzen bestehen, wenn auch nicht bei Neuvermietungen. Künftig soll es nach dem Gesetz auch bei der Neuvermietung von Wohnungen eine Preisobergrenze bei Mieterhöhungen geben.
Eine wirksame Begrenzung des Mietanstiegs bei Neuvermietungen wäre die Kopplung an die Entwicklung der Einkommen der Arbeitnehmer und Rentner als maximaler Mietanstieg in begehrten Wohngebieten mit der damit verbundenen Differrenzierung der Wohnlagen. Dann wären höhere Mieten zu verkraften und verhinderten die finanzielle Überforderung der Mieter, die sonst umziehen müssten.
Im übrigen: Die sogenannte Mietpreisbremse könnte auch die Rechtfertigung dafür sein, Wohnungsmangel als die eigentliche Ursache ungerechtfertigt hoher Mieten hinzunehmen, statt den preisgebundenen sozialen Wohnungsbau auszuweiten.
Gutachten bescheinigt Unwirksamkeit der Mietpreisbremse: