Selbst gegen ihren früheren parteiinternen Rivalen Olaf Scholz hat sich die Parteichefin durchgesetzt. Der hielt lange an seinem Mantra der schwarzen Null fest, staatliche Investitionen über das bisherige Maß hinaus lehnte Scholz stets ab.
Doch jetzt, wo die Wirtschaft abrauscht und Steuereinnahmen einbrechen, geht plötzlich, was vorher ausgeschlossen war: Der Staat nimmt Geld in die Hand, um die gröbste Schieflage auszugleichen, und zwar auch, weil er es sich leisten kann. Und man fragt sich mit einigem Erstaunen, warum Eskens Pläne einst als utopisch belächelt wurden und nun plötzlich als Generalkonzept zur Abmilderung der Rezession gelten.
Führung statt Eitelkeiten
Nein, Esken hockt sich nicht in jede Talkshow und sie hängt auch nicht dauernd mit Journalisten in den einschlägigen Berliner Lokalen „Borchardt“ oder „Einstein“ ab, wie der „Freitag“ jüngst feststellte. Eitelkeit geht ihr ab.
Aber die braucht sie auch nicht. Ihre Aufgabe ist es, Krisen konstruktiv zu meistern und die Fäden in der Hand zu halten. Und da unterscheidet sie sich schon einmal fundamental von ihrer CDU-Kollegin Annegret Kramp-Karrenbauer, die nicht nur das Thüringer Wahldebakel derart schlecht managte, dass sie am Ende die Nerven verlor und den CDU-Vorsitz hinwarf.
Esken wird wohl keine Kanzlerkandidatin, das hat sie – anders als Kramp-Karrenbauer – immer realistisch gesehen. Sie kann es nicht und sie will es nicht. Aber den Parteivorsitz hinwerfen, weil einem der Wind ins Gesicht bläst? Das wird sie nicht tun, sie hätte bereits genügend Gelegenheiten dazu gehabt.
Und am Ende wird sie auch klug genug sein, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen, der für die SPD eine Wahl gewinnen kann – und dann ihre Ideen umsetzt.