Subventionierung von Großbanken

Wie der Staat die Großbanken subventioniert. Großbanken gefährden die wirtschaftliche Stabilität eines Landes. Sie gehen bewusst höhere Risiken ein, weil sie sicher sind, dass sie am Ende vom Staat gerettet werden. Ein unerfreuliches Thema, dass uns aber unmittelbar angeht, weil wir mit unseren Steuern für den Profit dieser Großbanken geradestehen. Entnommen ZeitOnline.


Selten hat ein Finanzminister so offen Industriepolitik betrieben wie Peer Steinbrück ab dem Spätsommer 2008. Die Fusion von Dresdner Bank und Commerzbank war für ihn fast eine Frage der Staatsräson. Mit 18,2 Milliarden Euro Staatshilfe für die Commerzbank stellte er sicher, dass das Geschäft auch wirklich zustande kam. „Wir wollen einen weiteren starken Player neben der Deutschen Bank“, betonte Steinbrück. International einflussreiche Geldhäuser, so sein Kalkül, seien wichtig für die globale Wettbewerbsfähigkeit des Landes.

Wenn er sich da mal nicht geirrt hat. Inzwischen mehren sich die Indizien dafür, dass Großbanken die wirtschaftliche Stabilität eines Landes eher gefährden als sichern – weil sie den Staat de facto in Geiselhaft nehmen. Denn globale Geldkonzerne sind für Finanzsystem und Realwirtschaft so wichtig, dass sich keine Regierung erlauben kann, sie Pleite gehen zu lassen.

Gerät eine Großbank in Schieflage, haben die Steuerzahler keine andere Wahl, als ihr aus der Patsche helfen. Viele Ökonomen fürchten: Diese unausgesprochene Staatsgarantie führt dazu, dass sich Großbanken bewusst in riskantere Geschäfte stürzen – und so Krisen wahrscheinlicher werden. Volkswirte haben dafür den Ausdruck too big to fail (zu groß, um scheitern zu können) geprägt – oder kurz: TBTF. Theoretisch ist dieser Mechanismus hochgradig plausibel – aber spielt er auch im wirklichen Leben eine Rolle?

Deutlich unterkapitalisiert sind vor allem die deutschen Großbanken, da sind  Staatsgarantien mehr als hilfreich, um die Marktposition abzusichern und zu verbessern  und anschließend die Dividenden für die Aktionäre zu erhöhen.

Mehrere Finanzmarkt-Forscher liefern darauf  jetzt neue Antworten. Sie kommen unisono zu dem Schluss: Bankenregulierer und Finanzpolitiker haben das Too-big-to-fail-Problem unterschätzt. Allein in den USA summieren sich die versteckten Subventionen für die größten Banken auf mehrere Milliarden Dollar pro Jahr und Institut. Der staatliche Schutz ist zudem so attraktiv, dass Geldinstitute systematisch versucht haben, den Too-big-to-fail-Status zu erreichen – die impliziten Staatsgarantien waren eine zentrale Triebfeder für die vielen Fusionen und Übernahmen in der Branche seit den 1990er-Jahren.

Die Ergebnisse der Studien sind politisch hochgradig brisant. Denn nach der Finanzkrise diskutieren Fachleute, ob man Großbanken enger an die Leine nehmen sollte. Der britische Zentralbank-Chef Mervyn King sprach sich sogar für eine Aufspaltung von Finanzkonzernen aus. Der Ausschuss der Baseler Bankenaufseher will systemrelevanten Instituten strengere Eigenkapitalvorschriften auferlegen.

Priyank Gandhi und Hanno Lustig von der University of California, Los Angeles (UCLA), haben einen Weg gefunden, den Wert der staatlichen Garantien für Großbanken aus dem Verhalten der Finanzmärkte abzuleiten. In ihrer Arbeit mit dem Titel Size Anomalies in U.S. Bank Stock Returns stellen sie fest: Investoren haben in den vergangenen vier Jahrzehnten an den Börsen von kleinen Geldhäusern, für die der TBTF-Schutzschirm nicht gilt, systematisch höhere Risikoaufschläge verlangt als von großen Instituten.

„Die Anleger sind bereit, bei großen Banken auf einen Teil der Rendite zu verzichten, weil sie wissen, dass der Staat diesen Instituten in einer Krise zur Seite springt“, sagt Lustig. Aus den Bewertungsdifferenzen errechnen die Forscher den durchschnittlichen Wert der unausgesprochenen staatlichen Garantien für Großbanken. Ihre Schätzung ist atemberaubend: Die US-Regierung subventioniert jede Großbank im Jahr im Schnitt mit 4,7 Milliarden Dollar.

In den Jahren vor Ausbruch der Finanzkrise haben die versteckten Staatshilfen dramatisch zugenommen, stellen die Forscher fest. So seien die Subventionen für die Citigroup zwischen 2000 und 2005 um 45 Prozent gewachsen, bei der Bank of America lag das Plus gar bei 50 Prozent.

„Angesichts der enormen Anstiege bei den Bilanzsummen dieser Banken ist dies genau das, was man erwarten würde“, schreiben die Forscher. Die versteckten staatlichen Subventionen lieferten starke Anreize für Banken, größer zu werden. „Aufgrund der asymmetrischen Staatsgarantien verändert sich das Risikoprofil von Banken allein dadurch, dass sie ihren Cash-Flow zusammenlegen.“

Genau diesen Effekt haben Elijah Brewer von der De Paul University, Chicago und Julapa Jagtiani von der Federal Reserve Bank of Philadelphia in einer separaten Studie empirisch nachgewiesen. Die beiden Forscher stellen fest: Zwischen 1991 und 2004 waren zahlreiche Fusionen von Banken in den Vereinigten Staaten dadurch motiviert, den Too-big-to-fail-Status zu erreichen. Die Privilegien waren so viel wert, dass mittelgroße Geldinstitute erhebliche Preisaufschläge zahlten, wenn eine Übernahme sie über die Schwelle hievten, ab der sie TBTF-Status hatten.

Unter dem Strich liefern beide Studien gute Argumente dafür, dass die Bankenaufseher Großbanken härter anfassen – zum Beispiel durch strengere Eigenkapitalvorschriften oder Fusionsbeschränkungen.

Und klar ist eines: Fördern sollten Regierungen die Konzentration im Bankensektor auf keinen Fall.

Kommentar:

Man muss  nicht alle Einzelheiten verstehen, um zu erkennen, dass Großbanken wie die Deutsche Bank, die marktradikal denken und  sich dennoch auf Staatsknete verlassen und davon profitieren, keinen  Nutzen für das Allgemeinwohl haben. Deswegen reicht es auch nicht, „strengere Eigenkapitalvorschriften“ und Fusionsbeschränkungen zu fordern, da damit die Profitgier auf Kosten der Allgemeinheit nicht beendet wird. Vielmehr ergibt sich aus dem Verhalten der Großbanken die notwendige Konsequenz, diese zu zerschlagen, auch um deren Dominanz auf dem Kapitalmarkt und ihren eigennützigen Einfluss auf die Politik zu beenden. Dafür gibt es den Artikel 14 des Grundgesetzes:

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Dazu: Entschädigungen darf es bei einer Zerschlagung der Großbanken im Interesse des Gemeinwohls nicht mehr geben.  Diese Regelung des Absatzes 3 des Artikels 14 des Grundgesetzes muss den heutigen Gegebenheiten entsprechen und deswegen geändert werden, weil sich die Großbanken auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Wer also sollte entschädigt werden?





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