Greenpeace

Greenpeace ist die erfolgreiche Organisation im Interesse eines gesunden Klimas. Sie ist umweltradikal und steht damit im Gegensatz zu den Unternehmen und Staaten, die dem Klimawandel nicht entgegentreten, sondern ihn hinnehmen oder leugnen. Lesen Sie das folgende Interview, dem Deutschlandfunk(Dlf) entnommen.

Vor genau 50 Jahren wollten die USA eine Atombombe auf der Insel Amchitka vor Alaska testen. Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten besorgte sich einen Fischkutter und fuhr dort hin, um mit ihrer Anwesenheit den Test zu vereiteln. Das gelang zwar nicht, doch die Aktion war die Geburtsstunde der Umweltschutzorganisation Greenpeace, die noch heute weltweit aktiv ist.

Gerade in der Anfangszeit der Organisation sei die offensichtliche Verschmutzung der Umwelt so groß gewesen, dass es einfach gewesen sei, Umweltprobleme anzugehen und zu lösen. Dazu gehörten unter anderem die Verklappung von Dünnsäure und das Versenken von Ölplattformen, so Kaiser. Nicht gelungen sei bisher aber die große Trendumkehr bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe.

Klimaschutz sei allerdings die große Menschheitsaufgabe: „Wir haben jetzt die Wahl, ob wir Klimaschutz oder Klimachaos wollen“, sagte Kaiser: „Wenn wir jetzt nicht das Ruder herumreißen, dann werden unsere Kinder und vor allem unsere Enkel eine Welt vorfinden, die sie nicht haben wollen.“

 

Das Interview im Wortlaut:

Georg Ehring(Dlf): Hat die Aktion vor 50 Jahren eigentlich den Atombombentest verhindert?

Martin Kaiser: Die Aktion selber hat den Atombombentest nicht verhindert, aber sie hat dazu beigetragen, dass diese Tests mittlerweile verboten sind. Das war ja auch das Anliegen der Gründerinnen und Gründer von Greenpeace, dass sie zu Skandalen, die weit weg liegen von den Kameras, hinfahren, um Zeugnis abzulegen und das in die Welt zu bringen. Es hat dazu beigetragen, dass oberirdische Atombombentests im Nachgang verboten wurden.


Als das Pariser Klimaabkommen 2015 verabschiedet wurde, seien ihm Tränen vor Rührung gekommen, sagte Martin Kaiser, Greenpeace Deutschland, im Dlf. Heute bilanziert er: Europa habe seine Vorreiterrolle beim Klimaschutz verloren. Es brauche dringend einen Politikwechsel.

Ehring: Sie haben in den vergangenen 50 Jahren immer wieder spektakuläre Aktionen gemacht – in Deutschland zum Beispiel mit Schwimmern gegen die Verklappung von Dünnsäure in der Nordsee, gegen die Versenkung der Ölplattform Brent Spar, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Was hat das der Umwelt gebracht?

Kaiser: Gerade in der Anfangszeit von Greenpeace war die offensichtliche Verschmutzung der Umwelt so groß, dass es ein Leichtes war, diese Probleme anzugehen und zu lösen: Die Verklappung von Dünnsäure wurde verboten, auch das Versenken von Ölplattformen der Firma Shell, aber auch von anderen in der Nordsee, wurde 1998 verboten. Insofern hat es erste Erfolge gebracht. Was es bisher nicht gebracht hat: die große Trendumkehr bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe.

Ehring: Greenpeace verändert sich. Sie haben Bundeskanzlerin Angela Merkel als Gast bei Ihrer Jubiläumsfeier gehabt. Früher ging es immer gegen die Mächtigen. Was hat sich da verändert?

Kaiser: Wir haben uns sehr gefreut, dass die Bundeskanzlerin gekommen ist. Das zeigt ja auch gewisse Größe, denn es war gerade die Bundeskanzlerin in den letzten 16 Jahren, die wir immer wieder kritisiert haben für ihre zaghafte Klimapolitik, die nicht dazu geführt hat, die Treibhausgase in Deutschland signifikant zu senken. Gerade im Verkehrsbereich sind die Emissionen immer noch so hoch. Und trotzdem ist sie gekommen, was zeigt, dass Greenpeace eine wichtige Rolle spielt in unserer Gesellschaft spielt und auch weiterhin spielen wird.

Ehring: Müssten Sie dann nicht mehr Distanz halten?

Kaiser: Wie gesagt, wir haben die Bundeskanzlerin und auch die Union gerade in den letzten Jahren massiv für eine verfehlte Klimapolitik, aber auch für eine verfehlte Agrarpolitik kritisiert. An solch einem Jubiläum ist es in einer Demokratie auch angemessen, dass man mal gemeinsam Bilanz zieht, und da haben wir uns sehr gefreut, dass die Kanzlerin Greenpeace als eine sehr wichtige Organisation in unserer Gesellschaft sieht, die vieles bewegt hat.

Ehring: Ziviler Ungehorsam und Regelbruch ist ja ein altes Markenzeichen von Greenpeace. Müssen Sie sich nicht nach den Entscheidungen demokratischer Parlamente richten und allenfalls argumentativ dagegen vorgehen?

Kaiser: Wir haben es in diesem Jahr und auch schon in den letzten Jahren gesehen, gerade mit der Jahrhundertkatastrophe der Fluten im Westen Deutschlands, dass wir uns in einer akuten Klimakrise befinden. Das Pariser Klimaabkommen, was ja 2015 auch von Deutschland unterzeichnet und ratifiziert wurde, wird in Deutschland immer noch nicht umgesetzt und das prangern wir immer wieder an, dass internationales Recht in den einzelnen Ländern nicht umgesetzt wird, auch nicht in Deutschland. Dafür sind die Aktionen dann unser Mittel, um das in die öffentliche Debatte zu bringen.

Ehring: Wie steht es denn um die interne Struktur von Greenpeace? Sie haben sehr viele Förderer, aber relativ wenige Mitglieder, die entscheiden dürfen. Ist das eine demokratische Struktur?

Kaiser: Ja, wir haben natürlich eine demokratische Struktur, denn wir sind ein gemeinnütziger und anerkannter Verein hier in Deutschland. Und wir freuen uns sehr, dass wir wachsende Unterstützung von vielen, vielen Förderer*innen haben, mittlerweile 630.000, mehr als jede Partei hier in Deutschland. Das gibt uns auch die Unabhängigkeit von Wirtschaft, die Unabhängigkeit von Politik, und wir können wirklich Ross und Reiter benennen.

Im Bereich Klimaschutz passiere immer noch viel zu wenig, kritisierte Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan im Dlf anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos. Vor allem der Finanzsektor und die Banken würden weiterhin massiv in fossile Energien investieren.

Ehring: Greenpeace entscheidet politisch, wogegen Sie vorgehen und wogegen nicht. Liegen Sie da immer richtig, beispielsweise wenn Sie gegen Atomkraft aktiv sind, und heute haben wir jede Menge Kohle und Gas in der Stromerzeugung, die dann das Klima belasten?

Kaiser: Gerade der Ausstieg aus der Atomenergie war mehr als notwendig. Fukushima 2011 hat ja gezeigt, was passieren kann, wenn Reaktoren außer Kontrolle geraten. Deswegen war es richtig und wichtig, dass die breite Atombewegung das in Deutschland geschafft hat. Natürlich muss jetzt der Kohleausstieg kommen und gerade da ist es klar, wir müssen in diesem Jahrzehnt aus der Verbrennung von Kohle aussteigen. Das ist genau das, was die derzeitige Bundesregierung ja nicht machen will, und deswegen sind wir da weiterhin im Protest.

Ehring: Was ist denn für Sie die größte Herausforderung für die Zukunft?

Kaiser: Die Menschheitsaufgabe Klimaschutz, denn wir haben jetzt die Wahl, ob wir Klimaschutz oder Klimachaos wollen. Wenn wir jetzt nicht das Ruder herumreißen mit einer neuen Mobilitätspolitik, mit einer Energiepolitik, die zu 100 Prozent auf Erneuerbare setzt, und einer neuen Landwirtschaftspolitik, dann werden unsere Kinder und vor allem auch unsere Enkel eine Welt vorfinden, die sie nicht haben wollen.