Fallpauschalen

Stationäre und ambulante Krankenhausleistungen werden je nach Art und rechtlicher Grundlage nach verschiedenen Berechnungssystemen abgerechnet, unter anderem als diagnosebezogene Fallpauschalen (DRG). Die Selbstverwaltung1 hat nun den DRG-Fallpauschalenkatalog 2020 beschlossen. Lesen Sie die gemeinsame Erklärung von GKV-SV, DKG, PKV

Trotz schwieriger Verhandlungen haben sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der GKV-Spitzenverband und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) auf den im kommenden Jahr geltenden Fallpauschalenkatalog (DRG-Katalog) verständigt. Der DRG-Katalog ist seit dem Jahr 2004 verbindliche Abrechnungsgrundlage für rund 19 Millionen stationäre Fälle pro Kalenderjahr mit einem Finanzierungsvolumen von derzeit über 75 Milliarden Euro.

Pflegepersonal-Stärkungsgesetz

Die Verhandlungspartner der gemeinsamen Selbstverwaltung standen in diesem Jahr vor der Aufgabe, die Pflegekosten aus den Fallpauschalen herauszulösen. Dieser Schritt war durch die gesetzlichen Änderungen im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (s. Gesetzentwurf:19/4453 ) notwendig geworden. Er stellt die nachhaltigste Veränderung im DRG-System seit seiner Einführung dar.

a)Zum einen musste ermittelt werden, wie viel heute tatsächlich für Pflegeleistungen anteilig in den Fallpauschalen bezahlt wird (Pflegebudget). Dieser Betrag musste aus den Fallpauschalen herausgelöst werden. Somit werden künftig rd. 15 Mrd. Euro, die die Krankenhäuser für Pflege in bettenführenden Abteilungen ausgeben, gesondert finanziert – orientiert an den tatsächlichen Ausgaben des einzelnen Krankenhauses.

b)Zum anderen ging es um die Frage, wie das Geld über die Abrechnung von den Krankenkassen an die Krankenhäuser transferiert wird. Abgerechnet werden die Pflegekostenanteile nicht separat, sondern mit einem DRG-Bezug. Ein hoher Pflegeaufwand in einer Leistung wird höher vergütet. Formal bleibt der DRG-Katalog erhalten, bekommt aber neben dem bislang bekannten Relativgewicht je Fall nun auch ein Relativgewicht für den Pflegetagessatz („Spaltenlösung“2).

Bewertung der Verbände

-Der DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum erklärt dazu: „16 Jahre nach Einführung des DRG-Systems bedeutet die Ausgliederung der Pflegekosten einen echten Systemwechsel. Die Finanzierung der Pflege wird von der Zahl der Fälle und deren Erlösen abgekoppelt und letztlich als Jahresbudget ausgezahlt.  Mit der Ausgliederung verbinden die Krankenhäuser die Erwartung, dass die Personalkosten besser und vollständig refinanziert werden können.“

-Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband, hebt hervor: „Wir sind froh, dass es bei diesem komplexen Verhandlungsprozess doch noch zu einer Einigung gekommen ist. Es ist zu erwarten, dass von diesem grundlegenden Umbau der Vergütung vor allem jene Krankenhäuser profitieren, bei denen hohe Pflegeausgaben auch als gute Pflege bei Patienten ankommen. Denn diese Reform zielte gerade darauf ab, die direkte Pflegeleistung am Patientenbett eins zu eins zu vergüten.“

-Der Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), Florian Reuther, kommentiert: „Das DRG-System erfährt mit dem Fallpauschalenkatalog 2020 den grundlegendsten Wandel seit seiner Einführung vor 15 Jahren. Wir hoffen, dass dadurch die Versorgung der Patienten im Krankenhaus nachhaltig verbessert werden kann.“

Ausgliederung der Pflegekosten

Die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten ist hoch komplex. Die Vereinbarungspartner haben in Zusammenarbeit mit dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) versucht, eine Kongruenz zwischen der Ausgliederung auf Bundesebene und den künftigen Budgetverhandlungen vor Ort herzustellen. Dazu wurden eine Reihe weiterer Vereinbarungen geschlossen, so z. B. eine Vereinbarung zur Abgrenzung der Pflegepersonalkosten sowie eine Nachweisvereinbarung. Sie sind auf den Internetseiten der DKG und des GKV-Spitzenverbandes abrufbar.

Eine Verständigung erreichten die Verhandlungspartner auch beim pauschalierenden, tagesbezogenen Entgeltkatalog für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PEPP-Entgeltkatalog 2020).

Der DRG-Katalog wurde durch das von den Partnern der Selbstverwaltung gemeinsam getragene InEK auf der Grundlage von Fallkostendaten von Krankenhäusern weiterentwickelt. Es ist absehbar, dass die sachgerechte Herauslösung der Pflegekosten aus dem Fallpauschalsystem und die Optimierung der DRGs mit ausgegliederten Pflegekosten – sogenannte aG-DRGs – ein mehrjähriger Prozess sein werden.

Hintergrund

Der DRG-Fallpauschalenkatalog bestimmt über Relativgewichte das Verhältnis der Vergütungen verschiedener Behandlungsfälle zueinander. Die mit den Kassen abgerechnete Vergütungshöhe wird maßgeblich durch die in den Bundesländern vereinbarten Basisfallwerte festgelegt. Ab 01.01.2020 werden die Pflegepersonalkosten nicht mehr Teil der klassischen DRG-Fallkostenkalkulation sein. Das krankenhausspezifische Pflegebudget wird jedoch durch DRG-bezogene Tagessätze transferiert.

Die Kataloge sind abrufbar unter www.g-drg.de.

1 Selbstbverwaltung: GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Verband der Privaten Krankenversicherung

2  Spaltenlösung: Ab 1.1.2020 werden die Pflegepersonalkosten nicht mehr Teil der klassischen DRG-Fallkostenkalkulation sein. Das krankenhausspezifische Pflegebudget wird jedoch durch DRG-bezogene Tagessätze transferiert. 

Kommentar

Die Krankenhäuser bekommen nunmehr jede zusätzliche und aufgestockte Stelle für Pflegekräfte von den Krankenkassen gesondert finanziert. Das ist im Interesse einer guten Patientenversorgung positiv zu bewerten. Ebenfalls positiv ist die Einigung der beteiligten Verbänden bzw. deren Selbstverwaltungsorgane im Interesse der erkrankten Versicherten, bei der es sich um einen fairen Kompromiss handelt.

Mit dieser Einigung muss allerdings notwendig verbunden sein, dass die Apparatemedizin an Bedeutung verliert,  unnötige Operationen künftig vermieden werden und die Verweildauer von der jeweiligen Erkrankung bestimmt wird und nicht vom betriebswirtschaftliche Nutzen. Erst dann ist sie auch ein Beleg für die Umsetzung und das Gelingen von zusammenhängenden gesetzlichen Regelungen. Hinzu kommt die Kontrolle insbesondere privater  Krankenhauskonzerne, die vorrangig auf die Rendite achten und nicht auf das Patientenwohl.