Experten

Alle Pilze kann man essen, einige allerdings nur einmal. Diejenigen, die Pilze sammeln, ohne sie zu kennen und sie dann auch noch essen, müssen entweder lebensmüde  oder aber völlig gaga sein. Es könnte aber auch sein, dass sie glauben, Experten zu sein, weil sie irgendwann etwas über Pilze gelesen haben. So ist das mit den Experten.


Göttingen. Die Zahl der Pilzvergiftungen ist nach Feststellungen des Giftinformationszentrums (GIZ) in Göttingen in diesem Jahr stark gestiegen. Es gebe etwa doppelt so viele Anfragen zu tatsächlichen und möglichen Vergiftungen wie in den Vorjahren, sagte der GIZ-Experte Martin Ebbecke. Die Zahl der Verdachtsfälle liege pro Saison normalerweise bei 300. In diesem Jahr dürften es rund 600 werden.

Der Grund für die derzeit drastische Zunahme der Vergiftungen sei der für das Pilzwachstum günstige feuchte Sommer. Derzeit gebe es fast überall Massen von Pilzen und viele unerfahrene Sammler, die einfach drauflossammelten. Hauptverursacher schwerer oder gar tödlicher Pilzvergiftungen seien Knollenblätterpilze, sagte Ebbecke.

Im August ist in Braunschweig bereits eine 69-jährige Frau gestorben. Sie hatte Champignons sammeln wollen, diese aber mit dem hochgiftigen Knollenblätterpilz verwechselt. Mehrere andere Sammler aus Norddeutschland hätten in den vergangenen Wochen so schwere Vergiftungen erlitten, dass sie eine neue Leber benötigten, sagte der Experte. Das Gift der Knollenblätterpilze führt zu Durchfall, Erbrechen und Leibschmerzen, greift in schweren Fällen auch die Leber an und kann bis zu deren völliger Zerstörung führen.

Erst in dieser Woche habe es in der Lüneburger Heide einen schweren Fall von Pilzvergiftung gegeben, sagte Ebbecke. Eltern und Kinder hätten völlig arglos ein Gericht aus selbst gesammelten Pilzen gegessen. Inzwischen liege die gesamte Familie mit Verdacht auf Knollenblätterpilzvergiftung im Krankenhaus. Weder die Eltern noch die Kinder hatten Ahnung von Pilzen und alles gesammelt, was ihnen in die Hände kam.

Anmerkung:

Was ist arglos daran, wenn Eltern mit ihren Kindern Pilze sammeln und essen, ohne sie zu kennen? Arglos hieße, dass sie darauf vertrauen könnten, dass Pilze ihnen keinen Schaden zufügen. Das können sie aber nicht. Deswegen ist ein solches Verhalten nicht arglos, sondern verantwortungslos und Folge einer maßlosen Selbstüberschätzung oder einer ebensolchen Ignoranz.

Man könnte das auch Hirnvergiftung nennen.

Experten kennen das.


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