Ergebnisgerechtigkeit

Ja, diesen Begriff gibt es tatsächlich. Er steht der sozialen Gerechtigkeit entgegen und soll wohl heißen, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Was soll man dazu noch sagen, außer dass es in der Vergangenheit vielleicht möglich war, aber heute nicht mehr stimmt? Lesen Sie den Artikel von „Feynsinn.“

In den Argumentationen der Neoliberalen taucht regelmäßig die Vokabel “Ergebnisgerechtigkeit” auf, wenn es darum geht, die Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit abzuwehren. Verbunden wird das gern mit dem Vorwurf einer “Vollkaskomentalität” – so spricht etwa Thomas Straubhaar (INSM) gern von einer “Vollkaskoversicherung für alle oder eine Ergebnisgerechtigkeit, die allen den gleichen Lebensstandard verspricht“. Ihnen liegt die (freilich immer nur behauptete) “Chancengerechtigkeit” am Herzen, die Vorstellung also, alle stünden auf derselben Startlinie und seien fortan für ihr Schicksal selbst verantwortlich.

Dass dies schon grober Unfug ist, weiß jeder, der sich mir den gesellschaftlichen Realitäten befasst. Die Faustregel der Wirklichkeit lautet: Wer reich geboren wird, bleibt reich, wer arm geboren wird, bleibt arm. Und selbst wenn es anders wäre, bedeutete Chancengerechtigkeit, dass die Schnellen davonziehen und die ohne Beine halt sitzen bleiben. “Gerecht” ist da gar nichts.

Im Kern auch dieses Propagandainstrumentes steckt ein überzeichneter Aspekt sozialer Wirklichkeit. Es spielt freilich auf niedere Motive an, in diesem Fall vor allem auf einen verdrehten Neid. Es könnte ja jemandem gut gehen, obwohl er nichts tut. Es könnte sein, dass jemand für weniger Arbeit mehr Geld bekommt. Und während das ja absolut stimmt und eigentlich gegen die unerhörte Bevorteilung der geneigten Oberschicht spricht, findet es Anwendung ausgerechnet auf die Ärmsten. Die seien faul und hätten das Nötigste nicht verdient. Im gleichen Atemzug nennt man die Kritik am mehrtausendfachen Einkommen der Reichsten eine “Neidkampagne”. Willkommen im Irrenhaus!

“Ergebnisgerechtigkeit”, die also nachher etwas nivelliert ohne Rücksicht auf das, was vorher geleistet wurde, gibt es durchaus. Sie wird sogar im Voraus festgelegt, man nennt das “Vertrag” oder auch “Gehaltsvereinbarung”. Egal, ob die Bank nachher pleite ist, der Konzern zerschlagen oder der Betrieb ruiniert, es wird bezahlt wie vereinbart.

Das Volkseinkommen und dessen Verteilung aber soll nicht einmal annähernd ausbalanciert werden dürfen. Jeder Eingriff in die Schieflage der Verteilung sei böse “Ergebnisgerechtigkeit”, Sozialismus, Kommunismus, Teufelszeug. Das wird selbst dann noch so propagiert, wenn für jedermann erkennbar die Umverteilung nach oben längst ein katastrophales Maß erreicht hat.

Das Spiel ist äußerst durchschaubar, und wer noch immer nicht davon überzeugt ist, dass etwas nicht stimmt in den Medien und der öffentlichen Kommunikation, sollte angesichts dieser Begriffsverwirrung doch ebenfalls stutzig werden. Oder hört schon niemand mehr hin, wenn es um Arm und Reich geht in diesen seltsamen Zeiten?

So sieht Ergebnisgerechtigkeit aus:

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Kommentar:

Wer imer noch glaubt, dass Begriffe unerheblich sind, wenn es um Inhalte geht, hat die Macht der Meinungsbildung nicht erkannt, die mit schlagkräftigen Begriffen Inhalte suggeriert, die tatsächlich nicht existent sind. Ergebnisgerechtigkeit der sozialen Gerechtigkeit entgegen zu stellen, ist die Vernichtung der Gerechtigkeit selbst.

Angebracht wäre hingegen, ein unterschiedliches Ergebnis als Folge gleicher Ausgangschancen zu akzeptieren, wenn es denn gleiche Ausgangschancen gäbe.


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