Arbeitslosenversicherung

Muss man sich wundern, wenn der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 2,8% auf voraussichtlich 4,5% des Bruttoentgelts angehoben werden soll? Muss man sich wundern, dass nicht mehr netto vom brutto, sondern das Gegenteil erfolgen wird? Nein, es war klar, dass insbesondere die scheinheiligen Versprechen der FDP mit der Realität nichts zu tun haben.  Haben Sie daran geglaubt?

Diese zusätzliche Belastung war und ist absehbar, weil der  Beitragssatz mit 2,8% vom Bruttoentgelt ab 2009 von vornherein zu niedrig war. Er diente allein dazu, die vermeintlichen Lohnnebenkosten, die tatsächlich wie das Entgelt Lohnkosten sind, im Interesse der Arbeitgeber und zu Lasten der Arbeitslosen zu verringern. Das Interesse der Arbeitnehmer an geringeren Abzügen vom Bruttoentgelt war dabei im Wahljahr 2009 ein gern mitgenommenes Abfallprodukt, um sie zu ködern.

Mehr netto vom brutto wird es auch sonst für die Arbeitnehmer nicht geben. Ganz im Gegenteil. Die Ankündigung von höheren Gebühren und Abgaben als Folge der von dieser Bundesregierung herbeigeführten finanziellen Notlage insbesondere der Kommunen ist erst der Anfang. Weitere Belastungen werden folgen, um weitere Steuerentlastungen für die bevozugte Klientel zu kompensieren.

Anhebung des Arbeitslosenbeitrags

Berlin (Augsburger Allgemeine) – Die Bundesregierung hält sich wegen der Finanznöte eine deutliche Anhebung des Arbeitslosenbeitrags im übernächsten Jahr offen. Erst nach der Steuerschätzung im Mai soll es Details zum künftigen Sparkurs geben. Das Ziel bleibt, die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent zu halten.

Die Opposition warnte davor, die Arbeitnehmer zusätzlich zu belasten. Dazu gebe es «keine Entscheidung», sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Dienstag in Berlin. Das Ziel sei, «dass wir die Ergebnisse der Steuerschätzung im Mai uns sehr genau ansehen werden und dann die Notwendigkeiten der genauen Konsolidierung sehen». In der Krise würden weder Sozialabgaben erhöht noch Sozialleistungen gekürzt.

Die Regierung wies einen Bericht der «Süddeutschen Zeitung» zurück, dass in der schwarz-gelben Koalition eine Erhöhung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung bei einem neuen Milliarden- Defizit der Bundesagentur für Arbeit (BA) 2011 von 2,8 auf 4,5 Prozent erwogen wird.

Der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), schließt eine Erhöhung des Beitrags dagegen nicht aus. «Denkverbote bis dahin gibt es nicht, dazu gehören auch Überlegungen zum Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung. Wir sind aber noch weit entfernt vor irgendwelchen politischen Festlegungen.» Ein Sprecher des Arbeitsministeriums sagte, es gebe keine Überlegungen innerhalb der Regierung, den Beitragssatz für die BA auf maximal 4,8 Prozent oder einen anderen Wert anzuheben.

Das BA-Defizit 2010, das voraussichtlich bei 16 Milliarden Euro liegt, wird vom Bund durch einen einmaligen, nicht rückzahlbaren Steuer-Zuschuss gedeckt. Mit einem höheren Beitragssatz würde der Bundeshaushalt entlastet. Wie hoch der Fehlbetrag der BA 2011 ausfällt, lässt sich nach Angaben von Wilhelm noch nicht abschätzen.

Die Regierung will am Ziel festhalten, die Lohnzusatzkosten «bei 40 Prozent» stabil zu halten. Der Sprecher des Arbeitsministeriums betonte, auch wenn die Regierung für 2010 von einem Anstieg der durchschnittlichen Arbeitslosenzahl auf 4,1 Millionen ausgehe, sei es zu früh, daraus auf die Höhe des Beitragssatzes für 2011 zu schließen. Erst müsse die konjunkturelle Entwicklung abgewartet werden. Bis Ende 2010 ist der Beitrag bei 2,8 Prozent festgeschrieben.

Sozialbeiträge als Lohnnebenkosten

Die Haushaltssanierung in Abhängigkeit von der Wirtschaftskrise sei ein wichtiges Ziel, um die Schuldenbremse im Grundgesetz und den EU-Stabilitätspakt einzuhalten, sagte Wilhelm. Es gehe auch um die Stabilität der Lohnnebenkosten und um Steuerentlastungen. Das Finanzministerium beziffert den Konsolidierungsbedarf auf 10 Milliarden Euro pro Jahr bis 2016. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bis Juli 2010 ein Sparpaket schnüren.

Die FDP im Bundestag lehnt eine Erhöhung der Sozialbeiträge ab. Auch Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) warnte in der «Financial Times Deutschland» (Mittwoch) vor der Gefahr für Arbeitsplätze.

Die SPD sieht wachsenden Druck auf Schäuble. «Um jeden Preis sollen vor allem die Besserverdienenden die Entlastung bekommen, die ihnen im Wahlkampf versprochen worden ist», sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Grünen-Chefin Claudia Roth warf Schwarz-Gelb Stümperhaftigkeit in der Haushaltspolitik vor. Linke-Geschäftsführer Dietmar Bartsch warnte, dass die Arbeitnehmer die Zeche zahlen sollten.

FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke kündigte Ausgabenkürzungen an. Wenn erkennbar sei, dass es im Jahr 2011 wirtschaftlich bergauf gehe, werde die Koalition unnötige Ausgaben kürzen oder streichen und an Subventionen herangehen, sagte er dem Sender NDR Info. «Man muss über die ganze Breite sparen.»


 

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